4 poetische Stilmittel für Copywriter (mit Achillesversen)

Ich habe eine neue Flamme. Es hat nicht gefunkt, es hat geblitzt.

Sie heißt Madeline Miller und sie schreibt Prosa mit der Gravurnadel, für die andere einen fetten Meißel und einen Olymp aus Wörtern bräuchten.

Von ihren poetischen Nacherzählungen aus Ilias und Odyssee kann ich mir stilistisch jede Menge fürs Copywriting abschauen – und du vielleicht auch.

Aber lass mich erst mal ein Vorurteil zertrümmern: Ey-aaaa! (So klingt mein Karate-Laut beim Zuschlagen.)

Ich höre oft von Copywritern in sozialen Medien:

„Grammatik, Rechtschreibung und Stil interessieren doch keinen. Hauptsache du verstehst deine Kunden.“

Da schwingt mit, dass man als cooler Copywriter keine Zeit oder Nerven für die Feinheiten hat.

Die seufzende Ode

Die seufzende Ode geht so: Als Master of Copywriting ist man für die sagenumwobene Kunst der psychologischen Salestechniken zuständig, und die Schergen können dann die Kommafehler korrigieren – was gar nicht nötig wäre, aber was soll man machen, wenn die unwissenden Kunden so kleinlich sind?

Gern wird dann diese Untersuchung zitiert, die herausgefunden haben will, dass Fehler sympathisch machen und Aufmerksamkeit gewinnen. (Kleiner Einschub: Liest du das, weil ich in die Headline einen scheinbaren Fehler eingebaut habe? Ne, oder?)

Passend dazu folgt: „Verkünsteln schmeichelt nur dem Copywriter-Ego und lässt das Publikum kalt. Schreib so wie deine Kunden reden, dann mögen sie dich.“

Ich habe da andere Erfahrungen gemacht:

Ich gebe Copywriting-Tipps, die ich meist nicht selbst erfunden habe. Das heißt: Was ich auf fachlichem Level sage, ist nicht neu, nicht besonders und nicht mit psychologischen Wundertinkturen versetzt. Sorry.

Lob bekomme ich manchmal für meine Inhalte, aber meistens für meine Rebellen-Schreibe. Das war genauso, als ich noch Werbetexte für Auftraggeber entwickelt habe.


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Klar rutschen mir auch Fehler durch (ich glaube, in meinem Buch waren in der ersten Auflage auf jeder Seite 2). Aber ich kenne die Regeln und verdiene wenigstens ein „Sie hat sich stets bemüht“. Wenn sich ein Copywriter so gar nicht für sein Handwerkszeug Sprache interessiert, ist das wie ein (bleiben wir im alten Griechenland) Priester, der die Götter in seinem Pantheon nicht aufzählen kann.

Wenn du dich abheben willst, kannst du das als Copywriter oder Content Creator gar nicht allein über Inhalte tun. Bei Textjobs gibt’s oft genauere Vorgaben als beim TÜV.

Du wirst für deine Art zu schreiben geliebt.

Zurück zu Madeline Miller. Die Frau könnte über Stadtplanung in Kassel oder den Auftritt des Flötenkreises beim Schultheaterstück „Iphigenie auf Tauris“ schreiben und ich würde es verschlingen.

Ihre Formulierungen singen zu mir.

Einige Sätze habe ich einmal gelesen und ich kann sie zwei Tage später immer noch auswendig zitieren – Beispiele kommen noch. Hmmm, keine schlechte Eigenschaft für Werbetexte…

Warum sollte ich nicht auch versuchen, meine Texte mit Poesie zu polieren? Es wirkt bei mir, dann klappt’s vielleicht auch bei einigen Zielgruppen.

Die besten Texte schmiedest du aus kostbaren Inhalten und ausdrucksstarkem Stil. Du musst dich nicht entscheiden, aber gewillt sein, ein bisschen mehr Zeit zu investieren. Mit einer Schnellschnell-Mentalität wird das nix mit der bezirzenden Sprache.

Aber du hast ja mich.

Ich habe dir 4 poetische Schreibstilhacks aus Madeline Millers „The Song of Achilles“ rekonstruiert, damit du gezielter auf Ideen kommst.

4 poetische Stilmittel für ausdrucksstarkes Copywriting

1. Crossover-Vergleiche

Achilles und sein Freund und Lover Patroklos können nicht wütend aufeinander werden. Bei Madeline Miller klingt das so:

 „We are like damp wood that won’t light.“ – Wir sind wie feuchtes Holz, das sich nicht anzünden lässt.

Wir neigen dazu, Vergleiche zu verwenden, die in der gleichen Kategorie liegen. Zum Beispiel: „Mütter sind stark wie Superwoman“.

Du kannst das Muster durchbrechen und Menschen mit Dingen vergleichen (oder Dinge mit Menschen). Das klappt prima, wenn du im Kopf “Stadt Land Fluss” spielst. Denk in Kategorien wie “Werkzeuge", “Musikinstrumente”, “Architektur”.

2. Eingebettete Metaphern

Madeline Miller schreibt:

“My fears forgotten in the golden harbour of his arms.”. Meine Angst vergessen im goldenen Hafen seiner Arme.

Metaphern sind so schwierig zu finden, weil sie ohne Vergleich funktionieren müssen. So was wie „Eine Werbeagentur ist kein Ponyhof“.

Wenn du die Metapher aber in eine gegenständliche Formulierung einbettest, kannst du viel freier rangehen.

Der goldene Hafen alleine sagt ohne Kontext nichts – aber der „goldene Hafen seiner Arme“ funktioniert, weil die Metapher in eine Beschreibung eingebunden ist, die man auch ohne Sprachbild verstehen würde: Meine Angst vergessen in seinen Armen.

3. Der „Als-ob-Trigger“

Madeline Miller beschreibt Hector, Trojas Champion, so:

„This was a man who moved like the gods were watching: every gesture he made was upright and correct”. Der Mann bewegte sich als würden die Götter ihm zuschauen: Jede seiner Gesten aufrecht und korrekt.

„Als ob“ ist ein schnellfedernder Kreativ-Trigger, um Verben mit einem Vergleich zu stärken. Danach kannst du großes Kino machen: Du hast ja einen ganzen Satz, nicht nur ein Substantiv mit Adjektiv.

4. Limitierte Welt

„Bright as lemons“ – Leuchtend wie Zitronen

„Her eyes shone like the black olives they served us”. Ihre Augen glänzten wie die schwarzen Oliven, die uns serviert wurden.

Madeline Miller bleibt mit ihren Sprachbildern konsequent in Homers Welt. Im ersten Moment wirkt das wie eine Einschränkung. Wozu solltest du dich limitieren, wenn dir so viel andere einfällt? Der bewusste Fokus bringt dich auf Ideen. Wenn du ein Setting festlegst, fällt dir mehr ein, als wenn du deine Fantasie ziellos umherirren lässt.

Noch ein Vorteil: Deine poetischen Sprachbilder passen automatisch zusammen. Dein Text wirkt in sich schlüssig.

Ich lege die Leier weg.

Was denkst du? Sind Inhalt und Psychologie die einzig wichtigen Aspekte? Oder hat gutes Copywriting doch was mit Stil zu tun?


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Daniela Rorig