Echt jetzt: Wie du authentische Texte schreibst (oder das Copywriting-Missverständnis des Jahrzehnts)

Wie schreibe ich authentisch? Vor 4 Jahren war nichts einfacher als das.

Business-Werbetexte beteuerten die flammende Passion fürs Branchenthema: „Aus Leidenschaft für Geflügelverarbeitung“, und das ist kein Witz, sondern ein realer Markenclaim. Dieses Feuer wurde dann unter einer Decke respektabler Standardsätze begraben – schön bei der Konkurrenz von nebenan geklaut, da kann man nichts falsch machen.

Marketing fuhr textlich sicher auf der Sie-Schiene und propagierte höfliche Distanz auf Websites und Blogs. Emotionen und Charakter könnten die Entscheider irritieren und von den harten Fakten ablenken.

Viele wollten also gar nicht authentisch schreiben, angepasst lebt sich’s leichter.

Gut für mich: In dieser zurückhaltenden Marketingtext-Kultur fiel mein etwas extravaganter Stil sofort auf. Ich habe geduzt und ein wenig dreister geschrieben. Rotzige Wortschöpfungen, Schwänke aus dem Leben und ein Schwung Sprachbilder – fertig war der authentische Schreibstil.

Bitte noch mal nachdenken: Ist das wirklich authentisch oder nur unangepasst?

Das Ding ist: 2020 sind ganz ähnliche Schreibstile überall.

Neulich hat mir eine Kollegin erzählt, dass eine bekannte Online-Anbieterin einen Kurs „Websites mit Wumms“ nennt – fast genauso wie mein erstes Webinar.

Ich will gar nicht der Frage nachgehen, wer von wem abgeschrieben hat. Wahrscheinlich keine mit böser Absicht: Dieser lautpoetische, ach so ehrliche Stil schwingt mit dem kollektiven Zeitgeist.

Was 2017 noch gewagt klang, ist jetzt EU-Norm. 

Deshalb muss ich mich jetzt fragen: Wie kann ich mich speziell im Werbetext mit meiner Persönlichkeit abheben, wenn viele so schreiben wie ich? Ich hab mich als einsame Rebellin wohlgefühlt – und plötzlich schwimme ich mitten im Trend. Hilfe!

Mein inneres Rumpelstilzchen kreischt: Ich schmeiß meinen Stil über den Haufen und erfinde mich neu. Geil texten hat viele Ausprägungen. In mir pennt bestimmt eine weise Poetin, die ich nur wachkitzeln muss!

Das betrifft auch dich: Wie kommt das Wesen der Marke, in deren Namen du schreibst, in den Text? Und vor allem: Brauchst du überhaupt Authentizität, muss dein Stil was Eigenes haben? Dazu komme ich noch.


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Erst mal zeig ich dir vier Wege zu einem authentischen Schreibstil, die ich als vorläufige Antwort mag – und selbst nutze.

Weg 1: Wähle deine Wortwelt weise

Du kannst mit schillernden Metaphern und Vergleichen um dich werfen. Wenn sie nicht zum Rest passen, bleiben sie künstlerische Schnörkel ohne tieferen Sinn.

Damit sich die Wortwelt organisch mit der Marke verbindet, braucht sie Konsistenz: Dir fallen 17 Formulierungen ein, und du wählst die eine, die zur Wortwelt passt – nicht immer die genialste. Sicher kannst du auch mal ausbrechen, aber du brauchst eine gewisse Integrität, damit deine Sprachbilder authentisch wirken.

Auf LinkedIn habe ich etwa eine Ideengärtnerin gefunden – so nennt sich die Marketingberaterin Claudia Heipertz. Dieser Gedanke zieht sich durch ihre Webtexte wie grüne Adern durch eine Pflanze. Die Headline auf der Startseite heißt „Natürlich wachsen – reich ernten“.

Die Kreatividee gewinnt wohl keinen Nagel beim ADC, aber die Unternehmerin baut damit eine in sich stimmige Wortwelt auf, die ganz nebenbei ihre Werte zum Ausdruck bringt.

Deshalb ist es wichtig, eine Wortwelt zu wählen, die zur Marke und den Menschen dahinter passt - und natürlich mit der Kundschaft resoniert.

Wenn ich Wumms sage, dann mache ich das nicht, weil’s schmissig klingt. Ich bin nebenbei Karatetrainerin und meine Textakademie heißt Copywriting Dojo. Deshalb verwende ich ganz bewusst oft Sprachbilder, die etwas mit Karate zu tun haben.

Weg 2: Finde die echte Tonalität, statt frech zu werden

Du schreibst ein bisschen witzig und haust ein paar knallige Wortschöpfungen rein. Du willst auffallen.

Aber wenn immer mehr Copywriter und Marketingmenschen so schreiben, wird extravagant das neue Normal. Zudem ist frech nicht gleich authentisch.

Oder ist Charakter ein Synonym für Dreistigkeit? Das ist das Copywriting-Missverständnis des Jahrzehnts.

Ein rotzig-rebellischer Stil passt längst nicht zu jeder Marke! Also such nach anderen Tonalitäten, die die Marke verkörpern können. Aus der Wortwahl spricht immer auch eine Haltung und eine Art, mit der Kundschaft in Spe zu sprechen.

Nehmen wir an, du schreibst für einen Limonadenhersteller. Welche Eigenschaft beschreibt die Marke am Besten? Und wie klingt ein Text, der sie zum Ausdruck bringt? Du wirst schnell feststellen: Der Unterschied liegt nicht nur in der Wortwahl, sondern auch in den kommunizierten Inhalten.

Hier ein paar Möglichkeiten:

  • Friesisches Understatement: Unsere Zitronen-Limo kann man schon trinken. Außer frischen Früchten und ein bisschen Rohrzucker ist nichts drin.

  • Herzenswärme: Sei gut zu dir! Nimm deine Limo mit zu deinem Lieblingsplatz und lass die Welt ihre Runden drehen, während du bei dir ankommst.

  • Neugier und Experimentierfreude: Ich li-li-liebe meine Li-li-limo am La-la-Laptop

 Weg 3: Lass das Menschliche in den Text

Ein Rezensent auf Amazon schrieb über mein Buch “Texten können”, die Autorin (also moi) sei plump vertraulich und erzähle Storys aus ihrem Leben, die nicht in ein Fachbuch gehörten.

Angenommen, ich nähme mir die Kritik des Faktenjüngers zu Herzen. Dann müsste ich mich als effizient eingestellte Info-Maschine präsentieren. Die hätte so viel Persönlichkeit wie eine Ameise. Ist das authentisch?

Ich verkörpere meine Marke. Und bin ein Mensch mit Überzeugungen, Themen und Interessen. Die bringe ich auch in Fach- und Werbetexte ein – weil sie zu mir gehören.

Menschen mögen Marken, aber sie identifizieren sich mit Menschen.

Klar, eine Marke besteht oft aus mehr als einem Individuum. Aber es gilt, Themen zu finden, die Menschen im Unternehmen verbinden. Das kann eine Liebe zum Tischkickern sein oder auf E-Bikes gelebtes Umweltbewusstsein.

Wenn der Mensch im Text stattfindet, kann sich das Publikum identifizieren oder distanzieren. Im Werbetext ist das praktisch: Du sortierst gleich unpassende Kundschaft aus und bindest die echten Freunde der Marke mit Sympathie-Pattex.

Weg 4: Zeig Gefühl, auch wenn’s schmerzt

Gefühle sind automatisch authentisch – du kannst so tun als ob, du kannst nicht so fühlen als ob.

Also: Mach Emotionen im Text fühlbar. Ich spreche nicht von Werbeschnulzen wie „sinnliche Verführung“. Wenn du nachempfinden kannst, wie sich die Zielgruppe fühlt, fliegt sie dir zu. Du bist bei diesen Menschen. Sie sind bei dir.

Aber es reicht nicht, irgendwas zu behaupten. Du brauchst niemandem sagen, dass er sich glücklich oder frei fühlen soll. Du machst das erlebbar. Keiner geht mit, wenn du Schmerz theoretisch mit abstrakten Begriffen wie Verlust oder Neid erklärst.

Du musst ihn selbst gefühlt haben, sonst kannst du den Rollsplit in der Seele nicht beschreiben.

Leute wollen keinen Copy-Formschinken, sondern die rohen Fetzen aus dem Innersten.

Ein gutes aktuelles Textbeispiel findest du hier auf der Membership-Seite “Glow2Grow” von Anne Retter. Hier ein keiner Auszug:

“Der ganze Stress, der Hustle, den du betrieben hast, hat dich nicht wirklich weitergebracht. Wozu also weiter beißen und zerren, wenn du es genauso gut entspannt angehen kannst?

Das Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht – das weißt du ja. Die Großwetterlage ist stürmisch und es ist völlig in Ordnung, deine Seelenschnecke jetzt auch mal zu ihrem Recht kommen zu lassen.”

Wozu authentisch, wenn es erprobte Textstrategien gibt?

Die dickste Frage kommt zum Schluss: Brauchen wir überhaupt authentisches Copywriting? Du kannst dir an jeder Ecke im Netz vom Guru deines Vertrauens Vorlagen, Cheat-Sheets und unfehlbare Formeln für konvertierende Texte runterladen. Meine Meinung: Im Werbetext geht es immer darum, Marken mit Kunden zu verbinden. Also Menschen mit Menschen. Die wollen sich gegenseitig erkennen und verstehen.

Authentizität ist zwar als Modewort schon durch. Aber Persönlichkeit ist und bleibt die Leiter aus dem See der Beliebigkeit.

Die schönste und schwierigste Herausforderung für Copywriter ist, Marken Charakter zu schenken.

Wo du das lernst? Beim Schwarzgurt Copywriting. Trag dich in meinen Newsletter ein, dort erfährst du bald mehr.


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Daniela Rorig