5 seriöse Tipps für einen witzigen Schreibstil (und warum bierernster Content albern ist)

Content ohne Humor ist wie Pizza ohne Käse. Schreib witzig, dann klappt's auch mit dem Leser.

Content ohne Humor ist wie Pizza ohne Käse. Schreib witzig, dann klappt's auch mit dem Leser.

Eine Gruppe Touristen unterhält sich im Hyde Park mit einem älteren Paar aus der Gegend über die schönen Blumen. Die silbergraue Dame wird gefragt, ob sie schon einmal die Queen getroffen hat.

„Nein, ich noch nie. Aber er.“ Und deutet auf ihren Begleiter.

Die alte Dame ist keine Geringere als Queen Elisabeth von England, die ohne Tiara und Designerkostüm durch London flaniert – inkognito, sozusagen.

Sogar die Queen macht Witze. Der lebende Inbegriff von majestätischer Würde und Status.

Deutsche Unternehmen hingegen wollen ihren Auftritt keinesfalls mit Humor beflecken. Gelacht wird bei Karoline Kebekus und im Keller. Aber bloß nicht in der Unternehmenskommunikation. Zumindest nicht in Content-Stücken fürs Marketing.

In diesem Artikel gebe ich dir 5 Ideen, wie du humorvoll schreibst ohne dich zum Horst zu machen.

Du erfährst auch, welche Untiefen du umschiffen solltest, wenn du lustig in die Tasten haust.

Aber zuerst frage ich mich, woher die Humorlosigkeit in unseren Marketingtexten kommt. Und zeige, warum wir raus aus dem Sauertopf müssen.

Das Seriositäts-Korsett.

Rate mal, welches Adjektiv mit Abstand am häufigsten genannt wird, wenn ich im Mittelstand nach der Markentonalität frage? Genau: Seriös.

Dieses knappe Wörtchen hat die güldene Aureole einer Raffael-Madonna.

Für Unternehmen steht es für fachliches Können, Moral und Tradition. Für den ehrbaren Kaufmann, dessen Handschlag als bindender Vertrag gilt.

Seriös ist der Inbegriff deutscher Bodenständigkeit. Kein anderes Attribut beschreibt unsere Geschäftsethik und Business-Kultur besser.

Seriös ist ein sexy Selbstbild.

Bis hierhin gehe ich d’accord. Aber die Interpretation ist so daneben wie Ozzy Osbourne auf dem Opernball.

Wenn ich die Texte auf den Webseiten und Blogs dieser seriösen Unternehmen lese, bekomme ich den Eindruck: Seriös heißt distanziert, nichtssagend, pompös.

Ein schriftsprachliches Korsett, mottenzerfressen und vergilbt. So eng, dass kein Platz für Umgangssprache, Augenzwinkern und sympathische Storys bleibt.

Eine seelenlose Uniform, die den Blick auf den Charakter versperrt. Kein Ausdruck von Kompetenz und Autorität, eher von Angst. Panik, sich zum Affen zu machen – oder (das wäre der Weltuntergang) unseriös zu wirken.

Sobald ein Wörtchen von der Norm abweicht, bekommen Entscheider weiche Knie: Kann man das so schreiben? Bleiben wir lieber bei Zahlen, bekannten Ausdrücken à la Traditionsunternehmen, lückenlose Wertschöpfungskette und Ihr kompetenter Partner. Schreiben wir in der neutralen dritten Person, die keinen anspricht. Kommentar aus dem Off: Und keinen juckt. Machen wir es so wie alle anderen.

Das ist nicht seriös. Das ist albern.

Warum ignorieren wir schriftlich, was beim persönlichen Kontakt zum guten Ton gehört?

Wir witzeln mit der Arzthelferin. Wir ziehen beim Smalltalk vor dem Meeting unseren Orientierungssinn durch den Kakao. Oder die Deutsche Bahn. Weil Humor verbindet.

Die „Lost in Translation“-Autorin Eva Hoffman drückt es poetischer aus:

„Ein Schimmer Humor zeigt deutlicher als alles andere, dass sich hinter einem fremden Gesicht ein Mitmensch verbirgt.“

Wer zusammen lacht, versteht sich. Wir erkennen uns gegenseitig als Menschen.

Und darum geht’s uns doch, wenn wir texten. Wir wollen nicht zeigen, wie wichtig wir sind. Sondern, dass wir unsere Kunden verstehen. Wir wollen Nähe schaffen, keine kühle Distanz. Wir wollen nicht belehren, sondern uns austauschen.

Die natürlichste und menschlichste Methode, um textlich mit unseren Lesern in Kontakt zu kommen, ist Humor.

Das ist keine billige Glasur, die den Unterhaltungswert auf Kosten der Seriosität steigert. Witz macht den Unterschied zwischen einem distanzierten Infohaufen und einem Text, der Menschen etwas angeht.

 

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Seriös und witzig passen zusammen wie Netflix und Chips.

Warum soll ich Business-Lektüre trocken runterwürgen? B2B-Kunden sind nicht bloß in der Freizeit Menschen. DU bist wahrscheinlich B2B-Kunde. Was verzeihst du eher: Einen verunglückten Kalauer oder altbackenes Nominalstil-Geschwafel? Und du bildest dich lieber weiter, wenn du dabei lachen darfst. Gib’s zu.

Alle haben die Schnauze voll von mittelgeilen Texten, Versetzung ungefährdet. Informativ, kein Problem. Kreativ, bitte was?

Das allein wäre Grund genug, witziger zu schreiben. Aber es gibt noch ein besseres Argument, das den distinguierten Freunden der Seriosität gefallen wird: Humor lässt dich kompetenter wirken als Clooney-Schläfen, Intellektuellen-Brille und gestärktes Oxford-Hemd.  WENN du ihn gekonnt einsetzt.

Dann erkennt das Publikum: Du beherrschst deinen Stoff so virtuos, dass es leicht wirkt.  

Wie unsere englischsprachigen Content-Kollegen. Von denen können wir uns eine Menge abschauen. Nicht die großkotzigen Versprechungen, aber die gängige Kombo aus grundsoliden Inhalten und lockerer Sprache.

Also, liebe Unternehmer, Experten, Marketer, Content-Macher: Raus aus dem Sauertopf.

Was ist witzig und was ist peinlich?

Ben Brückner sagt in seinem lesenswerten Artikel über Unterhaltung im Content-Marketing:

„Humor ist wie die Prise Zucker im Espresso: Ein bisschen davon sorgt für den richtigen Pepp. Doch zu viel verdirbt den Genuss.“

Ich denke: Unternehmen müssen generell mutiger schreiben, wenn sie nicht im Content-Gedöns ihrer Branchenkollegen untergehen wollen. Velocity Partner ist die fähigste Content-Agentur, die ich kenne (mit Sitz in England, of course) – und die ziehen sprachlich ungeniert vom Leder.

Sind sie deswegen unseriös? Rein rhetorisch gefragt.

Wie schaffst du es also, witzig zu sein – und dabei Corporate statt Comedy zu schreiben?

Der Trick ist: Schreib so humorvoll, dreist, charmant, kreativ wie deine Tonalität erlaubt (und seriös allein ist KEINE Tonalität). Aber je witziger du schreibst, desto tiefgehender und fachlich kugelsicher sollten auch deine Inhalte sein. Humor ist ein Kontrastmittel, das nur gepaart mit guten Inhalten funktioniert.

Merksatz: Wenn der Humor flach ist, muss das Niveau hoch sein.

Grenzen gibt’s auch, aber die kennt dein gesunder Menschenverstand:

  • Lass politische Ansichten, religiöse Überzeugungen und deine Proktologen-Besuche als Sinnbild für TMI (Too Much Information) draußen. Es muss nicht alles 100% PC sein, aber diskriminieren kommt nicht gut.

  • Sei nicht krampfhaft witzig. Das nervt schriftlich genau wie im persönlichen Gespräch. Vorschlag: Wenn dir spontan etwas Lustiges einfällt, schreib’s hin. Wenn nicht, zermartere dir nicht das Gehirn, ob du noch einen draufsetzen kannst.

Und jetzt stürzen wir uns in die Praxis.

5 bierernste Tipps zum witzig Schreiben.

 

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#1 Mehr Yada-yada-yada - Soundeffekte.

Anspruchsvolle Themen wollen sachlich richtig und in epischer Breite darstellt werden. Gepresste Informationen führen aber schnell zum Hirn-Overload. Ich kann keine Wikipedia-Artikel lesen.

Deshalb willst du die inhaltliche Dichte auflockern.

Mit dieser Technik fluffst du jeden Text auf: Streue Soundeffekte ein und erinnere den Leser daran, dass du ein lebendes, atmendes Wesen bist.

Ja, genau: Denk wie ein Comiczeichner, der seine Blasen vollkriegen muss.

  • Ts-ts-ts. Diese Technik würden wir nicht empfehlen.

  • Puh, gerade noch rechtzeitig geschafft.

  • Klong, Krawumm, Uaaaah, Hui, Ratze-püüh, Pffft, Bäm, ritsch-ratsch – was fällt dir ein?

Auch schön: Im Texter-Märchengland liest man selbst in wissenschaftlichen Papers ständig „Yada-yada-yada“. Übersetzen könnte man das mit „und so weiter, bla-bla-bla“. In Wahrheit ist es ein Sound-Effekt, der zeigt, wie sich für dich Bekanntes anhört.

Überleg mal, wie du deinen Text um eine akustische Dimension erweitern kannst.

#2 Auf die Kacke hauen, aber richtig – die stilvolle Übertreibung.

Superlative sind so was von out. Wer heute noch schreibt „mit höchster Präzision gefertigt“, ist Oldschool – und ich meine nicht das coole „Chucks und Hornbrille“-Oldschool. Aber übertreiben kannst du trotzdem. Und wie! Das kann als Stilmittel saulustig sein.

Sag nicht: Ich habe eine Niederlage erlitten. Sag: Das war mein Armageddon. Waterloo. Die Zombie-Apokalypse. Mein Traum wurde zerschmettert wie ein Eiswürfel im Mixer.

Sag nicht: Wir sind zufrieden mit dem Ergebnis. Sag: Wir machen Freudensprünge, wenn keiner hinschaut. Wir könnten Zumba tanzen. Wir platzen vor Stolz.

Sag nicht: Wir stehen vor einer großen Aufgabe. Sag: Wir stehen vor einem Mount Everest. Unser Problem reicht von hier bis zum Mars. Atlas würde zusammenbrechen.

Die stilvolle Übertreibung funktioniert nur, wenn sie komplett überzogen ist. Also denk in großen Dimensionen: Nicht Taschenmesser, sondern Todesstern.

#3 Hässlich wie Hagen bei Nacht – Vergleiche.

Ok, ich geb’s zu: Ich bin vernarrt in Vergleiche. Weil sie sogar aus Standard-Adjektiven und 10.000 Mal gelesenen Verben witzige Pointen machen können.

Nimm als Startpunkt ein Adjektiv oder ein Verb. Dann überleg dir, welche Sache, Figur, Location oder welches Tier als Sinnbild dafür herhalten könnte.

So wird’s witzig:

Finde extreme Vergleiche.

Stark wie Hulk und Herkules zusammen. Das knallt wie Glühwein mit Rum. Texte kürzen ist so schmerzhaft wie einen Freund verstümmeln.

Werde so konkret wie möglich.

Dumm wie Brot ist nicht mehr soooo witzig. Wie wär’s mit „Dumm wie Low Carb Toast mit Nutella“?

Mach einen bekannten Vergleich drastischer.

Hässlich wie die Nacht? Da geht noch mehr: Hässlich wie Hagen bei Nacht? Hässlich wie die Hölle bei Nacht?

Das waren ganz schön viele „H“s. Die perfekte Überleitung:

#4 Billiger Buchstaben-Trick – Alliterationen.

Die Methode ist nicht der verschwundene Schatz der Templer, zugegeben. Aber sie ist wahnsinnig wirksam. Super smart. Schön charmant. 

Du verstehst, worauf ich hinauswill: Bilde Ausdrücke, deren Bestandteile mit dem gleichen Laut beginnen. Damit beweist du sanft Humor, falls du den Holzhammer verabscheust und Reime nicht zu dir singen.

Bullshit-Bingo. Von Pontius zu Pilatus. Dorfdepp.

Alliterationen werden auch für Slogans gern genommen, weil man sie sich gut merken kann:

Geiz ist geil.

Spiel, Spaß, Spannung, Schokolade.

Milch macht müde Männer munter.

#5 Sag’s mit Star Trek – Popkultur-Referenzen.

Noch mal: Warum willst du deinen Text mit Humor würzen? Exakt. Du willst zeigen, dass du kein namenloser Autor bist, der in irgendeinem Unternehmen arbeitet. Du bist ein Experte für Content-Marketing, der Peppa Wutz und Feuerwehrmann Sam kennt, weil er einen 3-jährigen Sohn hat. Oder eine PR-Frau, die von Altered Carbon bis The Expanse und Star Trek Discovery alles suchtet, was mit Sciencefiction zu tun hat.

Fällt dir ein Zitat ein, das du mit deinem Thema verknüpfen kannst? Oder findest du eine Parallele zu einem Plot, einem Songtext oder einer Promi-Story?

Trau dich. Deine Leser haben auch ein Leben. Und sie wollen sich schlau fühlen, weil sie deine Anspielung verstanden haben. Fordere dein Publikum, sonst sind deine Texte witzlos.

Fazit: Wir brauchen mehr Humor im Content.

Ernsthaft: Warum sollten wir uns die Chance nehmen, auch emotional zu überzeugen? Zwinkern wir unseren Lesern zu. Jede Branche verträgt eine Portion Humor. Besonders im B2B sollten wir uns darauf besinnen, dass wir es mit Menschen zu tun haben. Geschäftsführer sind häufig Kommunikatoren und keine Zahlenschubser.

Der Humor einer Steuerprüfer-Kanzlei liest sich bestimmt anders als der eines Partydeko-Vertriebs, der lustige Hüte verkauft. Ich möchte dich ermutigen, deinen Marken-Witz zu finden und deinen Siegel-Schreibstil zu prägen.

Dann werden deine Texte so viel mehr als Informations-Lieferanten. Sie versprühen Charakter. Und schweißen Unternehmen und Kunden zusammen.

Denn hochseriöses Marketing braucht eine menschliche Grundlage.


Daniela Rorig, M.A., Business-Textercoach & Vollblut-Werbetexterin

Daniela Rorig, M.A., Business-Textercoach & Vollblut-Werbetexterin

Die Autorin Daniela Rorig

Kämpft für Textkompetenz im Online-Marketing. Rebelliert gegen Blabla, Stilsünden und schimmlige Regeln. Befähigt Texter und Content-Macher, magische Webtexte, Blogs und E-Mails zu schreiben.

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