Die Anatomie mitreißender Webtexte (und wie man sie schreibt)

Viele Unternehmen scheitern spektakulär beim Versuch, über sich zu schreiben. 1800 Feuerzeug gegründet. Wir stehen für Leidenschaft und Innovationskraft. Setzen auf bestens ausgebildete Fachkräfte, blablub. Das will keiner lesen und ich erzähle dir auch, warum.

Weil es (noch) niemanden juckt. Was Menschen oder Unternehmen erzählen, interessiert uns erst, wenn eine emotionale Connection da ist. Davor sind es nur tote Buchstaben.

Mir geht es bei jeder Vorstellungsrunde so, auf Feiern, Events, Elternabenden: Mein selbstreinigendes Gehirn löscht Christian oder Sarah noch während sie ihre Namen aufsagen (Und später könnte ich mir fast jedes Mal in den Allerwertesten beißen, weil ich meine namenlosen Gesprächspartner ganz toll finde).

Fragen wir uns, wie diese Connection entsteht, die aus anonymen Gesichtern Menschen macht, die es nur einmal gibt – und aus Infoballast Perlenketten, an denen die Augen kleben bleiben.

Die drei Organe, die Texte zum Leben erwecken

Für mich haben sich über die Jahre hinweg drei lebenswichtige Organe herauskristallisiert, die jeden wirksamen Marketingtext definieren.

Herz, Stimme und Hand

Die Art des Textes ist dabei völlig egal: Unternehmensgeschichte, Blogartikel, Kunden-E-Mail, Landing Page, Imagetexte, Produkttexte, Storyboards, alles, was du zum Vermarkten schreibst.

Wenn alle zusammen funktionieren, lesen wir nicht irgendeinen Text. Wir verschlingen eine Geschichte, die uns etwas angeht, aus der das Wesen der Marke spricht und die sich richtig gut liest.

 

1. Das Herz ist die Story, die der Text erzählt

Geschichten gehören seit Jahrtausenden zum Menschen. Wir erzählten sie auf Bärenfellen sitzend am Feuer, lange bevor sie jemand aufschreiben konnte. Heute ziehen sie uns genauso in den Bann wie damals. Wir lesen sie unseren Kindern beim Zubettbringen vor und tratschen sie den Kollegen in der Küche weiter.

Dann setzen wir uns an den Rechner und schreiben einen Text für die Unternehmenswebseite, oder das Kurzprofil für eine Veranstaltung. Und während wir alles richtig machen und die Fakten aneinanderreihen, vergessen wir ganz, daraus eine packende Geschichte zu machen.

Ich nehme mich nicht aus. Jahrelang habe ich sogar als Werbetexterin die Kraft von Geschichten unterschätzt, weil jeder Text schnell zum Punkt kommen musste.

Denk um.

Erzähl eine Geschichte und die Menschen hören zu.

Das Schöne an Geschichten ist: Du kannst jede erdenkliche Information einflechten und jede Botschaft so transportieren, dass sie ankommt.

Auch schnell.

Am stärksten sind wahre Geschichten. Erzähl keine Märchen, sondern stell dir bildlich vor, wie dein Produkt/Unternehmen dem Kunden hilft.

Das brauchst du um eine Geschichte zu erzählen:

  • einen Helden bzw. Handlungsträger

  • ein Ziel, das der Held erreichen will

  • ein Hindernis, das es zu überwinden gilt

  • eine Entscheidung / ein Ergebnis

Doch vor allem brauchst du eine Handlung. Eine Geschichte ist es dann, wenn etwas geschieht.

Nehmen wir eine Standard-Produktcopy:

Entdecke unsere neueste Produktinnovation. Der moderne Fahrassistent überzeugt durch vollautomatische Bremsfunktion, Ein- und Ausparkhilfe sowie Geschwindigkeitsregelung mit Tempomat. Darüber hinaus verfügt er über eine integrierte Fahrspurkontrolle. So fährst du auf allen Straßen sicher und hast einen Assistenten an der Seite, der dich stressfreier ans Ziel bringt.

Das liest sich nicht schlecht. Technisch einwandfrei. Aber es geht besser.

So verpackst du die gleichen Infos als Geschichte:

In 30 Minuten beginnt die Präsentation. Du hast vergessen, was du gleich erzählen willst. Du steigst ins Auto und atmest durch. Während du deine Sprachnotizen anhörst, parkt dein Fahrassistent für dich aus, warnt dich, wenn du zu nah an den Fahrbahnrand kommst, regelt die Geschwindigkeit und bremst, sobald dein Vordermann langsamer wird. Du bist da. Pünktlich, sicher und bestens vorbereitet. Applaus!

Frage: Was funktioniert besser? 

Das sieht ein Blinder. 

 

2. Die Stimme ist die Brand Voice, die den Charakter der Marke prägt

Wenn du genau wie alle anderen klingst, versinken deine Texte in der Bedeutungslosigkeit. Das gilt ganz besonders für Online-Content. Ihre Informationen mögen noch so wertvoll für die Kunden sein: Wenn sie auch von der Konkurrenz kommen könnten, tust du dir keinen Gefallen.

Achtung, Klon-Gefahr

Willst du mit deinem größten Widersacher verwechselt werden, weil sich der informationsgeplagte Kunde nicht mehr erinnern kann, wo er den superwertvollen Content gelesen hat? Schreib anders. Klone nicht die Schreibe anderer Unternehmen aus der Branche und verstecke dich nicht hinter einer neutralen Fassade (laaaangweilig).

Lass deine (Unternehmens-)Persönlichkeit durchscheinen.

Gib deinen Texten Charakter

Das schaffst du durch eine klar abgegrenzte Brand Voice. Man könnte es auch Markentonalität im Text nennen.

Was bringt eine Brand Voice:

  • Imagewirkung: Deine Texte passen zum Unternehmen und transportieren Ihre Markenwerte

  • Abgrenzung: Deine Texte werden einzigartig und grenzen sich vom Wettbewerb ab

  • Konsistenz: Mitarbeiter und Agenturen haben eine Orientierungshilfe, wenn sie im Namen deiner Marke schreiben

Die Brand Voice ist wie die Stimmen der Rockstars. Schon beim ersten Takt ist klar: Das kann nur Jack Johnson sein, oder Lady Gaga.

Wie entwickelt man diese eigene Stimme?

Vereinfacht ausgedrückt: Nimm die Adjektive, die deine Markenwerte beschreiben. Dann definiere, welcher Textstil dazu passt.

Eine Brand Voice entsteht nicht an einem Tag. Sie ist aber unschätzbar wertvoll für Unternehmen, die sich mit Content und Online Marketing abheben wollen. Denn Inhalte basieren auf Text und nicht auf Markenlooks.

Willst du wissen, wie du deine Brand Voice findest? Wenn du nicht auf Blogartikel oder Workshops warten willst: Ich behandle das Thema auch im kostenfreien Texterpower-Kurs.

 

3. Die Hand ist die Textkompetenz, die Lesefreude schafft

Du kannst eine packende Geschichte haben und eine individuelle Brand Voice. Das nützt dir aber gar nichts, wenn du nicht texten kannst.

Ein Text liest sich gut, wenn er gut geschrieben ist.

Eine Plattitüde?

Absolut nicht. Ich bekomme immer wieder gesagt: „Daniela, du kannst einfach gut schreiben. Ich würde das nie hinkriegen!“

Und ich sage: „So ein Blödsinn. Schreiben kann jeder.“

Ich war auch nicht immer Werbetexterin. In meiner ersten Karriere war ich Kunsthistorikerin und Talkshow-Redakteurin.

Werbetext ist keine hohe Kunst. Werbetext ist ein Handwerk wie jedes andere. Unsere Texte sollen vermarkten, wir wollen nicht Shakespeare sein und der Pulitzer Preis ist uns egal.

Für unsere Zwecke reicht es völlig, einige Prinzipien und Regeln zu verstehen.

Psychologie ist fürs Vermarkten wichtiger als Schreibtalent.

Aber mit ein bisschen Texterwissen kannst du deine Texte sofort besser machen. 

Das musst du wissen, damit deine Texte ankommen:

  • Wie du für deine Kunden schreibst statt über dich (und deine Leistungen in Must-haves verwandelst)

  • Wie du die Todsünde des Langweilens vermeidest (denn die kostet dich Kunden und Image)

  • Wie du deine Kunden mit magischen Wörtern in den Bann ziehst (auch wenn Sie nicht Harry oder Hermine heißen)

  • Welche Regeln aus dem Deutschunterricht du brechen musst (und welche neuen Gebote heute gelten)

  • Wie du ganz einfach Gier entfachst (weil du verstehst, was deinen Kunden motiviert)

  • Wie du B2B-Kunden emotional packst (und aufhörst, für Zombies zu schreiben)

  • Wie du produktiv schreibst (indem du deine Methode an deinen Textertyp anpasst)

 

  Nochmal kondensiert: Diese Anatomie liegt guten Marketingtexten zugrunde

  • eine Geschichte, die den Kunden etwas angeht

  • eine individuelle Brand Voice, die der Marke textlich Charakter verleiht

  • deine Textkompetenz für einen guten Stil

So, die großen Themen habe ich hier umrissen. In den kommenden Wochen seziere ich sie bis auf die Knochen. Das ist nichts für sanfte Gemüter. 

Wenn du mehr von mir lesen und deine Marketingtexte wirksamer machen möchtest: